Stellungnahme zu den Methoden von Cesar Millan
Der Fachkreis Gewaltfreies Hundetraining ist ein Zusammenschluss von TrainerInnen und ambitionierten HundehalterInnen, die mit Hunden leben und arbeiten und sich dem gewaltfreien Umgang und Training mit ihnen verpflichtet haben. Die TrainerInnen erleben bei ihrer täglichen Arbeit leider verstärkt, in welch erschreckendem Ausmaß brutale Trainingsmethoden wieder Fuß fassen, von denen wir alle gedacht – und gehofft! – hatten, sie wären ad acta gelegt, nachdem die vielfältigen Schädigungen, die sie an Leib und Seele der Hunde verursachen, längst unter Beweis gestellt wurden. Was von Cesar Milan und seinen Anhängern verbreitet wird, sucht an fachlicher Inkompetenz und mangelndem Mitgefühl mit dem Hund seinesgleichen und lässt jeden Menschen, der sich die Fähigkeit bewahrt hat, sich in ein anderes fühlendes und denkendes Wesen hinein zu versetzen, vor Schreck und Ekel erschauern.
Man fragt sich, wie es sein kann, dass nicht unbeträchtlich viele Hundehalter vor dem Fernseher sitzen und sich das Geschwafel über „die richtige Energie“ anhören und sich dabei begeistert Filme ansehen, die verstörte und verängstigte Hunde zeigen, die körperlich bedrängt oder sogar misshandelt werden. Begleitet wird dies alles von veralteten Dominanztheorien, die diese Tierquälerei rechtfertigen sollen. Ein Grund ist sicher, dass die breite Masse der Fernsehkonsumenten insgesamt weniger kritisch geworden ist und als Expertenrat schluckt, welch Schwachsinn immer ihnen vorgesetzt wird. Das ist nicht nur im Bereich des Hundetrainings so, sondern auch bei Sendungen über ganz andere Themenbereiche wie Kindererziehung, Styling, Wohnungssuche usw.
Ein weiterer Grund ist sicher darin zu finden, dass wir in einer zunehmend hundefeindlich eingestellten Gesellschaft leben, die durch teilweise völlig unsinnige Gesetze Hunde und ihre Menschen enorm unter Druck setzt. Der Hund soll bloß nicht unangenehm auffallen, am besten überhaupt nicht auffallen, denn sonst drohen Leinenzwang, Maulkorbpflicht oder sogar die Wegnahme des Tieres. Da scheint letztendlich jedes Mittel recht, um das Ziel des unauffälligen Hundes, der niemanden stört, zu erreichen. Hauptsache, der Hund ist still, immer gehorsam und bietet keinen Grund, beim täglichen Gassigang, der sowieso oft einem Spießrutenlauf gleicht, von Nicht-Hundehaltern angemacht zu werden. Und schließlich kann doch nicht so falsch sein, was im Fernsehen öffentlich gezeigt wird, oder?! Leider eben doch. Die Landesmedienanstalt antwortete auf die vielen Beschwerden, die nach den ersten Cesar Millan Sendungen von Fachleuten und Hundehaltern bei ihnen eintrafen, dass es sich „…um ein inszeniertes/ bearbeitetes Format handelt, was die Glaubwürdigkeit und nicht zuletzt die Effizienz der dargestellten Erziehungsmethoden in Frage stellen muss. Die erzielten Erfolge werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so schnell zu verzeichnen sein, wie es die Sendung zu vermitteln vorgibt. Dies zu erkennen dürfte dem Zuschauer allerdings nicht schwer fallen.“ Ach so?!
Last not least ist ein Teil der Schuld also tatsächlich bei den Sendern und Tourneeveranstaltern zu sehen, die ihrer redaktionellen Verantwortung nicht (ausreichend) nachkommen und das über den Bildschirm flimmern lassen, was Einschaltquoten und „action“ bringt. Dabei vorauszusetzen, dass der Zuschauer schon selbst erkennt, was für eine verzerrte Sicht der Realität ihm da vorgesetzt wird, ist unserer Meinung nach grob fahrlässig. Wenn die Landesmedienanstalt glaubt, dass dem Zuschauer eh` klar sei, dass er da eine Art „Märchenstunde“ über Hundeerziehung anschaut, sollte sie auch kein Problem damit haben, dies zu Beginn der Sendung einzublenden, wie es zum Beispiel bei den zahlreichen „Reality TV“-Sendungen im Nachmittags- und Nachtprogramm zu sehen ist, bei denen darauf hingewiesen wird, dass es sich um frei erfundene Handlungen handelt, die mit Schauspielern nachgestellt wurden. Auf dem eingeblendeten Banner zu Millans Sendung könnte zum Beispiel stehen: „Bitte nicht nachmachen! Die gezeigten Erziehungsmethoden verängstigen ihren Hund und fügen ihm erhebliche körperliche Schmerzen zu. In Folge dessen werden Verhaltensstörungen wahrscheinlich!“ Die Frage ist, wie viele begeisterte Fans es dann noch von dieser Sendung geben würde.
Interessant ist, dass die Zuschauer ganz anders als begeistert reagieren, wenn wir ihnen Filmsequenzen ohne Ton, also ohne die beschönigenden OFF-Sprecher-Kommentare, vorspielen. Selbst zuvor begeisterte Anhänger von Cesar Millan werden da wach und stellen verstört und beschämt fest, dass sie das vorher gar nicht so richtig gesehen haben, was da mit den Hunden gemacht wird. Stromschläge, Fußtritte, Schläge, starke Verängstigung und Einschüchterung – all das kann man sich ungeniert und ungeschönt im Fernsehen und Internet ansehen. Und somit auch den unwiderlegbaren Beweis für die fachliche Inkompetenz von Herrn Millan, der von Hunden wirklich gar nichts versteht. In der Filmsequenz „Showdown mit Holly“ bedrängt er eine Hündin so lange derart massiv, bis dieser nach unendlichen Beschwichtigungs- und Drohsignalen, die alle unbeachtet blieben, aus ihrer Sicht gar nichts anderes mehr übrig blieb, als nach vorne zu gehen und Herrn Millan kräftig zu beißen, um sich zu verteidigen. Sein Kommentar „I didn`t see that coming.“ ist unfassbar! Wie kann man sich selbst als derart inkompetent outen?! Spätestens diese Sequenz – und die vielen weiteren, in denen Herr Millan gebissen wurde – sollten jeden Hundehalter skeptisch werden lassen.
Es wäre den Haltern und vor allem den Hunden zu wünschen, dass sich die Macher solcher Sendungen eines Besseren besinnen, dass sie besser recherchieren, die Protagonisten kritischer aussuchen, der redaktionellen Verantwortung besser nachkommen und dadurch fachlich versierte Informationen rüber bringen, die Hund und Halter auf einen guten gemeinsamen Weg bringen.
Clarissa v. Reinhardt und Ute Rott
www.gewaltfreies-Hundetraining…
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Übersandt von:
Martina Patterson (17.08.2014; 13:11 Uhr)
pattersonmatpatt@gmx.de
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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© (www.fellbeisser.net/news/) am 17.08.2014
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