Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. – Pressemitteilung vom 22.02.2017
Nach einer letzte Woche veröffentlichten Abfrage werden über 90 Prozent der Tierversuche in Deutschland genehmigt. In Baden-Württemberg waren es 2015 sogar 98,6 Prozent (1). Dies überrascht den Bundesverband Menschen für Tierrechte nicht. Denn eine wirksame Prüfung der Anträge werde erst dann möglich, wenn das Tierschutzgesetz geändert wird, die Genehmigungsbehörden adäquat ausgestattet sind und sie gerichtsfeste Prüfkriterien zur Feststellung der gesetzlich vorgeschriebenen ethischen Vertretbarkeit erhalten. Der Bundesverband fordert den Gesetzgeber deswegen schon seit Jahren auf, diese Missstände zu Lasten der Tiere endlich abzuschaffen.
Das Tierschutzgesetz regelt, dass Tierversuche nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn sie unerlässlich sind, es keine tierversuchsfreien Methoden gibt und die gesetzlich vorgeschriebene ethische Vertretbarkeit des Experiments belegt wird.
“In der Praxis funktioniert das aber nicht. Es gibt keine praxistauglichen Daten und Fakten, mit deren Hilfe die sogenannte Unerlässlichkeit und die ethische Vertretbarkeit ermittelt werden können. Dies führt dazu, dass die personell unterbesetzen Behörden sich bei der Feststellung der ethischen Vertretbarkeit eines Tierversuchs auf ihr Bauchgefühl anstatt auf wissenschaftlich anerkannte Prüfregeln verlassen“, kritisiert Dr. Christiane Baumgartl-Simons, stellvertretende Vorsitzende der Tierrechtsorganisation.
Die Antragsteller blieben diese Belege regelmäßig schuldig und die Genehmigungsbehörden wüssten nicht, welche Angaben sie einfordern müssten, die zudem vor Gericht Bestand hätten. Die Tierversuchsmethodik dagegen könne sehr präzise und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen überprüft werden, weil es hier abrufbares Wissen gäbe. “Diese Voraussetzungen brauchen wir auch für die Schlüsselkriterien Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit”, erklärt Baumgartl-Simons.
Um diese Situation wirksam zu ändern, müsse zuerst das Tierschutzgesetz (2) geändert werden, damit die Behörden die sogenannte Unerlässlichkeit eigenständig prüfen dürfen. Bisher könnten sie nur feststellen, ob die Angaben des Antragstellers plausibel seien. Gleichzeitig müssten gerichtsfeste Prüfregeln erstellt und in einem Kriterienkatalog erfasst werden. Sie ermöglichten, die per Tierschutzgesetz geforderte Unerlässlichkeit, den Nutzen und die ethische Vertretbarkeit des Tierversuchs objektiv bundesweit zu ermitteln. Die Tierrechtsorganisation hatte bei Bundesminister Schmidt schon vor Jahren diese Prüfregeln angemahnt. Vor einem Jahr habe der Minister mitgeteilt, dass Bund und Länder ein Handbuch mit Auslegungshinweisen erarbeiteten, dieses wurde bisher jedoch nicht vorgelegt.
Ein weiteres Problem sei, dass die Genehmigungsbehörden bei der Beurteilung der Tierversuchsanträge unter erheblichem Zeitdruck stünden, weil sie personell unterbesetzt seien. Hier müsse der Personalbedarf ermittelt und personell entsprechend aufgestockt werden. Die Prüfung der Tierversuchsanträge setze ein ständig wachsendes Wissen voraus, das eine Einzelperson nicht vorrätig halten könne. Umso wichtiger seien aktuelle vollumfängliche Datenbanken und Rechercheanleitungen, auch um die Frage nach vorhandenen tierversuchsfreien Methoden sicher beurteilen zu können. Nur unter diesen Voraussetzungen könne geltendes Tierschutzrecht durchgesetzt werden. Um diese unerträglichen Zustände in der Genehmigungspraxis zu beenden, hat Menschen für Tierrechte schon vor fünf Jahren die Online-Petition “Kompetenzzentrum statt Tierversuche” ( www.tierrechte.de/petition-kom… ) gestartet. Um das Ende der Tierversuche zu erreichen, fordert der Verband von der Politik zudem einen Masterplan ( www.tierrechte.de/presse-a-mag… ), um die Entwicklung tierversuchsfreier Verfahren konsequent und gezielt zu fördern.
(1) Gemeinsame Pressemitteilung der Ärzte gegen Tierversuche e.V. und Menschen für Tierrechte-Tierversuchsgegner Baden-Württemberg vom 16.02.2017
(2) § 8 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz (Danach ist eine Genehmigung bereits dann zu erteilen, wenn „… wissenschaftlich begründet dargelegt wird …“, dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Den Behörden steht kein eigenständiges Prüfrecht zu.)
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Aachen sind über 60 Vereine sowie Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Der Verband Menschen für Tierrechte e.V. kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Er verfolgt den Ausstieg aus dem Tierversuch und das Ende der „Nutztier“-Haltung. Um diese Ziele zu erreichen, ernennt der Verband beispielsweise das „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs und setzt sich für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und Lehre ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte ( www.tierrechte.de/presse-a-mag… ) heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter ( www.tierrechte.de/presse-a-mag… ). Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.
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Christina Ledermann (22.02.2017; 08:55 Uhr)
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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© (www.fellbeisser.net/news/) am 22.02.2017
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