Zum Thema Bandscheibenvorfall

von Dirk Schrader

Wer so ein zauberhaftes Kerlchen in seiner Familie hat, nennt ihn auch „Dackel“ oder „Teckel“ und hört irgendwann etwas von „Dackellähme“ oder „Teckellähme“. Keine schöne Vorstellung. Aber was man genau wissen sollte: tatsächlich neigen unsere Dachshunde mehr als andere Klein- oder Großrassen zu Bandscheibenvorfällen. Die Besonderheit: Wenn sich eine Bandscheibe (warum auch immer) entzündet, quillt sie auf und stresst Nerven und Rückmark in unterschiedlicher Weise: Schmerzen und auch Lähmungen sind die Folge.

Bei manchen Hunden, und das gilt auch besonders für den Dachshund, bricht der feste Ring um die Bandscheibe und entzündliches Bandscheibenmaterial wird gegen Nerven und Rückenmark gepresst. Bei manchen dieser armen Opfer ist trotz Reflexanalyse nicht immer klar, ob sich das Bandscheibengewebe wie ein Druckstempel verhalten hat oder – wie eine Rasierklinge. Im letzteren Fall sind die Aussichten auf Genesung im Nullbereich.

Der aufmerksame Hundehalter spürt jedoch die Anfänge: Schmerzen im Rückenbereich, Bewegungsunlust. In vielen tierärztlichen Einrichtungen steht eine CT-Untersuchung im Vordergrund. Nach der Diagnose Bandscheibenvorfall wird eine OP empfohlen, deren Erfolg lt. Statistiken der tierärztlichen Bildungsstätten bei etwa 30 % liegt. Nicht so tolle Aussichten, abgesehen von den in Deutschland enormen Kosten im vierstelligen Bereich.

Der Hamburger Neurochirurg Elias Salim hat das Rückenschmerzproblem des Menschen neu durchdacht und uns Tierärzten gezeigt, wie man schweren Schmerzen und Lähmungen ohne Operation begegnet – und das mit einer Erfolgsquote von 80 %. Er erfand den Salim-Katheter, der mit einem Trokar unkompliziert in den Rückenmarkraum geschoben wird – bis zu der Stelle des Vorfalls. Über diesen Katheter flutet Salim Schmerzmedikamente, Entzündungshemmer – und Salzlösungen mit dem Ergebnis, dass aufgequollenes Bandscheibengewebe schrumpft und die normale Nervenfunktion wieder möglich ist.

In unserer Praxis in Hamburg haben wir diese Technik übernommen und auf den Hund „zugeschnitten“. Wir benutzen kein CT sondern einen Bildwandler (C-Bogen), mit dem man ein Kontrastmittel in den Periduralraum flutet, um in einem Film zu sehen, wie es Hindernisse über- oder umfließt. Den Katheter für die Eingabe von Medikamenten und Salzlösungen fixieren wir im Zwischenwirbelbereich Lendenwirbel 7- Steißbein. Dem Hundehalter wird genau gezeigt, wie er diese Therapie zuhause über 10 bis 12 Tage selbst durchführen kann um dann den Katheter selbst zu entfernen. Die Erfolge liegen tatsächlich nach wie vor bei 80 % und Hundehalter kommen inzwischen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum in unsere Praxis. Die Kosten: Ein Bruchteil zu den von CT und OP.

Machen wir uns nichts vor: Man weiß nie, ob es ein Erfolg wird. Es ist immer ein Versuch, wenn man eine Operation nicht wünscht. Bei einigen Patienten kommen wir um die OP jedoch nicht herum, was schon in der Phase der Diagnostik ziemlich klar wird: Mit einer Kaltwasser-Bohrung öffnen wir in 20 Minuten den Wirbelkanal und entfernen Bandscheibenmaterial – in der Hoffnung, dass sich das gestresste Nervengewebe schnell erholt. Die Bohrtechnik stammt aus der Chirurgie bei Schlaganfällen und ersetzt optimal das mühselige und langwierige Auffräsen des Zwischenwirbelraumes. Man muss wissen: Beim Fräsen entsteht viel Wärme, was der Operateur nicht wahrnimmt. So kann es sein (und das ist wahrscheinlich nicht selten), dass das gutgemeinte Auffräsen die Nervenstrukturen so erhitzt, dass sie absterben.

Die Spinalkathetertechnik nach Salim mit dem Hintergrund der Kaltwasser-Bohrung ist eine segensreiche Neuheit seit dem Jahr 2000. Leider sind zu viele Tierärzte noch nicht bereit, diese erfolgreiche und sozialverträgliche Methode zu übernehmen. Der Kostendruck in den Praxen scheint zu groß, und mit OPs kann man doch wohl mehr Geld verdienen.

Ihrem Argument, die Spinalkathetertherapie sei nicht „nachhaltig“ ist entgegenzusetzen, dass bei Bedarf und bestimmten Fällen die Laser-Nukleotomie infrage kommt. Man versteht darunter die Punktion der kranken oder krank werdenden oder krank gewesenen Bandscheibe mit einer Nadel, durch die ein Laserlichtleitkabel geführt wird. Man kann mit wenig Energie den Bandscheibenkern verdampfen – und die Bandscheibe quillt nicht mehr auf. Diese Methode stammt von Dietrich Grönemeyer, Bochum, der dieses Phänomen erkannt hat. Tatsächlich: Bandscheiben ohne Kern können nicht aufquellen, was man schon lange beim Pferd kennt.

Beim Hund ist die Laser-Nukleotomie sehr viel einfacher als beim Menschen und zeitigt keinen großen Kostenaufwand.

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Tierärztliches Institut für angewandte Kleintiermedizin
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veterinarianshh@aol.com (03.10.2020; 17:49 Uhr)

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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© ( www.fellbeisser.net/news/ ) am 03.10.2020
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