Sehr geehrter Herr Wöhl,
diesen Offenen Brief haben wir an die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen geschrieben,
würden Sie ihn bitte veröffentlichen?
Herzlichen Dank und einen schönen Sonntag für Sie,
Claudia Lotz
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Bundesverband Tierschutz e.V.
Pressestelle Berlin
030 – 80 58 33 38
lotz@bv-tierschutz.de
www.bv-tierschutz.de
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unser Netzwerk aus hilfesuchenden Tierhaltern und Helfern
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Sehr geehrte Frau von der Leyen,
Präsidentin der EU-Kommission,
ich schreibe Sie heute von Niedersächsin zu Niedersächsin an. Ihr Vater hat mir vor vielen Jahren in Verden einen Preis für meinen Entwurf eines gezeichneten Kinderspielplatzes überreicht, da war ich zehn Jahre alt. Und weil ich Ihrem Vater damals die Hand geschüttelt habe und er mir sagte, ich möge so visionär bleiben in meinem Leben, wende ich mich heute mit einem Herzensanliegen an Sie:
Sie sind Präsidentin der EU-Kommission – und Sie sind Mutter und Tierhalterin. Was empfinden Sie, wenn Sie die erschütternden Berichte über das Leid der (inzwischen notgeschlachteten) 800 Rinder auf der „Karim Allah“ und nun der über 1770 Jungbullen auf der „Elbeik“ hören?
Seit Dezember fürchterlich belastende Monate auf See, im Bauch eines Frachtschiffes, in Enge, Bedrängnis, stickiger Luft, Wellengang, Wasser- und Futtermangel – das mutet die Europäische Union fühlenden und leidensfähigen Lebewesen zu, die u.a. von Spanien in Drittländer verschifft werden. 20.000 Rinder schickt Deutschland pro Jahr auf diese qualvolle Reise. Alleine von den spanischen Mittelmeerhäfen Tarragona und Cartagona wurden 2019 über 150.000 Rinder und 760.000 Lämmer auf Schiffe Richtung Libyen und weiteren Zielländern außerhalb der EU verladen, hat die Neue Zürcher Zeitung recherchiert.
So ungeheuer mitleidslos, wie sich die gesamte Tierschutzpolitik der EU gestaltet, wenn es um den Schutz der Transporttiere geht, können Sie doch als Frau, Mutter und Tierhalterin nicht sein?
Und doch: Sie als Kommissions-Präsidentin wissen, was die Bevölkerung in der Regel nicht weiß: Dass in Drittstaaten tierschutzrechtliche Vorgaben bei Transporten zu Land oder Wasser überhaupt nicht existieren – wenn schon die EU innerhalb ihrer Mitgliedsstaaten nicht in der Lage ist, die Einhaltung rechtlicher Bestimmungen einzufordern. Beispiel Spanien. Kümmert sich Spanien um die EU-Verordnung (EG) Nr. 1/2005, nach der es für das Wohlergehen der Tiere während des Transports bis zum Zielland verantwortlich wäre?
Nein, das macht Spanien nicht – und dies nicht zum ersten Mal. Sie wissen es, die gesamte Kommission ebenfalls. Wiederholt haben Tierschutzorganisationen die Kommission aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien einzuleiten. Vergeblich bis heute, bis zu dieser aktuellen Katastrophe, die glücklicherweise gerade öffentlich wird.
Wie viele Schiffe mit leidenden Tieren, die letztlich notgeschlachtet werden, wenn sie nicht bereits an Bord qualvoll verendeten – wie viele solcher Transporte winken Sie noch durch, um die systemimmanenten Probleme der Landwirtschaftspolitik – in diesem Fall der Überproduktion von Kälbern und ihrer „Entsorgung“ über den Export – zu kaschieren?
Seien Sie mutig, zeigen Sie Empathie. Seien Sie eine starke Präsidentin, die sich positioniert: Für einen ethisch Umgang mit Tieren, der unserer Gesellschaft und der Idee eines geeinten Europas gerecht wird. Lassen Sie uns fair zu Tieren sein, die wir in allen Bereichen des Lebens nutzen, benutzen, ausbeuten und drangsalieren. Ist das kein Armutszeugnis?
Holen Sie das Schiff zurück und stellen Sie sich an den Hafen, um den überlebenden Rindern eines zu versprechen: Ihr habt nicht umsonst gelitten! Unsere Unterstützung für alles, was Sie den Tieren an Erleichterungen und Verbesserungen zugestehen, tragen wir mit!
Claudia Lotz,
Bundesverband Tierschutz e.V.
Pressestelle Berlin
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Claudia Lotz (14.03.2021: 15:04 Uhr)
lotz@bv-tierschutz.de
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Veröffentlicht von „der fellbeißer“© ( www.fellbeisser.net/news/ ) am 14.03.2021
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