Nach jeder Fernseh-Reportage und jedem Zeitungsbericht über schockierende Missstände in der Massentierhaltung ist ein Aufschrei der Empörung zu vernehmen. Unsere tierlieben Mitbürgerinnen und Mitbürger empfinden plötzlich tiefes Mitleid mit der geschundenen Kreatur, denn sie haben wieder einmal einen kurzen Blick hinter die Mauern der Tier-KZs werfen können. In solchen Augenblicken regt sich bei vielen das schlechte Gewissen, weil ihnen bewusst wird, dass die Tiere zu Produktionseinheiten und zur Massenware degradiert und dementsprechend behandelt werden. So mancher Zeitgenosse grübelt dann darüber nach, was mittlerweile Bild-Zeitung, Spiegel und das Magazin „Emma“ in regelmäßigen Abständen anklingen lassen: Vielleicht empfinden Tiere ihr physisches und psychisches Leid ähnlich wie wir, vielleicht ist das Seelenleben der Tiere komplexer als bislang angenommen!
Die Gefühlsaufwallung der meisten „Tierfreunde“ ist jedoch – objektiv betrachtet – entweder nur gespieltes Mitleid und daher scheinheilig, oder es handelt sich schlicht um eine psychopathische Auffälligkeit. Denn die Konsumentinnen und Konsumenten wissen doch wirklich, unter welchen Bedingungen ihre Steaks, Grillwürste und Frühstückseier „produziert“ wurden.
In der Massentierhaltung ist lebenslanges Leiden für die sogenannten Nutz-Tiere die Regel. Am Ende der ihnen zugestandenen kurzen Lebensspanne werden sie abgeschlachtet. Diesem gewaltsamen Tod gehen oft noch Stunden qualvoller Todesahnung und Panik voraus, wie man aus entsprechenden Berichten weiß.
Ohne die schockierenden Bilder und Berichterstattungen stellt sich für kaum einen Fleisch, Käse und Eier essenden Menschen die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit des Mega-Mordes an Bruder Tier für eine kurze Gaumenfreude. Auf Mitleid wartet man vergebens!
Wie Brecht formulierte, kommt zuerst das Fressen und dann die Moral, obwohl im Zeitalter der totalen Information die Frage der Moral eigentlich vor dem Fraß stehen sollte. Fressen und Un-Moral sind inzwischen ein und dasselbe geworden, denn niemand kann mehr behaupten, er habe von alledem nichts gewusst – von dem Grauen, das sich in unserem Unrechtssystem Tag und Nacht in Tierfabriken und Schlachthöfen abspielt.
„Niemand“, so steht es in § 1 des deutschen Tierschutzgesetzes, „darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Unbestreitbar dürfte aber sein, dass der gewaltsame und vorzeitige Tod den maximalen Schaden für das betreffende Tier darstellt. Als „vernünftiger Grund“ muss der anschließende Fleischverzehr herhalten.
Ob es wirklich „vernünftig“ ist, Jahr für Jahr zig Millionen Tiere umzubringen, damit ihre Leichenteile später auf dem Teller landen, wird in der „Fleisch-fressenden Zivilisation“ – weil ein Tabuthema – nicht hinterfragt. Es ist ein unantastbarer Glaubensgrundsatz in unserer „Fraßkultur“, dass Fleischessen dazugehört, was vom christlichen Dogma noch zusätzlich legitimiert wird: Tiere haben dem Menschen als Nahrung zu dienen! Der Verzehr von Fleisch war schon immer mehr Kult als Kultur – angeblich gottgewollt. Und überdies verweist man auf die Tradition, der Mensch habe ja schon immer Fleisch gegessen, als ob Tradition ein Garant für Wahrheit und Gerechtigkeit sei. Nach dieser einfachen Formel wäre es – hätte Hitler den II. Weltkrieg gewonnen – heute wahrscheinlich Tradition, so schockierend es auch klingen mag, unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, Sinti, Roma, Homosexuelle und politische Gegner in die Gaskammern zu schicken.
Einen evolutionären Zwang oder eine biologische Notwendigkeit, Fleisch zu essen, gibt es nicht. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht – das haben viele Studien belegt – braucht der Mensch kein Fleisch. Damit steht es heute jedermann frei, sich für eine wohlschmeckende und gesunde vegetarisch/vegane Ernährungsweise zu entscheiden. Es wäre eine zivilisatorische Weiterentwicklung für unsere Spezies, wenn sich Moral und Mitleid auf dem Teller widerspiegeln würden.
Wer tatsächlich Mitleid mit den Tieren hat, der isst sie nicht. Und wer Tiere isst, dem tun sie nicht leid.
Die vielen angeblichen Tierschützerinnen und Tierschützer, die vom Fleisch nicht lassen können, sollten darüber einmal selbstkritisch nachdenken.
Bevor ich Sie mit Ihren Gedanken wieder allein lasse, mein Schluss-Akkord, der in Anlehnung an einen Aphorismus von Arthur Schopenhauer entstand:
Das Leben schreit nach Wahrheit, der Lügen sind zuviel gewesen und die Zeit wird knapp: Sagen wir endlich die Wahrheit!
Stefan Bernhard Eck
(Bundesvorsitzender / Partei Mensch Umwelt Tierschutz)
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stefan-b-eck (20.09.2009; 21:11 Uhr)
stefan-b-eck@arcor.de
Es ist so wunderbar, was Sie lieber Herr Eck, über die Tiere schreiben. Sie sprechen mir aus der Seele.
Meine letzte recht schockierende Begebenheit liegt noch nicht lange zurück. In dem örtliche Tierheim wurde ein Sommerfest veranstaltet.
Ein Gottesdienst für die Tiere wurde gefeiert, an dem alle Besucher teilgenommen haben. Es waren Tische und Stühle aufgebaut, da nahmen die vermeintlichen Tierschützer Platz.
Kaum eine Stunde später saßen genau diese Leute, die vorher noch wie wild gesungen und gebetet haben auf eben diesen Bänken und stopften sich voll Wurst und Braten, was dort angeboten wurde.
Ich bin gegangen, mit dem Gedanken, da gehörst Du nicht hin, damit willst Du nichts zu tun haben.
Traurig, vor allem für die Tiere, wenn sie solchen Leuten ausgeliefert sind.
Das ist auch, glaube ich, unser großes Problem. Wir sind nicht glaubhaft, nicht konsequent. die Masse der Bevölkerung lacht uns Tierschützer doch aus. Und mit Recht. Was ist das denn für ein mieser Tierschutz, den die meisten Leute praktizieren.
Ich verstehe das alles nicht. Ich möchte auch mit einem solchen Tierschutz nichts zu tun haben. Sekt oder Selters, alles oder nichts. Nun wenn man vegan lebt, kann man den vielen „Nutztieren“ helfen. Und auch nur dann kann man sich in die Öffentlichkeit stellen und von sich behaupten, das man ein Tierschützer sei. Alles andere ist Augenwischerei, Inkonsequenz und Verlogenheit.
Und für mich das aller Schlimmste ist die verlogene Kirche, egal welche Konfession. Wenn diese Lüger und Blender endlich die wahre Bibel und nicht ihre über Jahrhunderte verfälschte Ausgabe den Leuten predigen würden, dann würde sich das ganze Tierelend in Luft auflösen. Diese kapitalistisch geprägte Institution ist as Schlimmste was unseren Tierbrüdern passieren konnte.
Ich wünsche mir so sehr, dass es noch viele, viele mehr Menschen wie Sie, mit Ihrer Einstellung auf diesem Planeten gibt.
Dann habe ich auch wieder Hoffnung für unsere Brüder und Schwestern.
Ich danke Ihnen von Herzen für die wunderbaren Artikel und hoffe, dass möglichst viele Leute diese lesen.
Grüße
M. Werner