„Wenn Schlachthäuser Wände aus Glas hätten, würden alle Menschen zum Vegetarier werden“ , lautet ein bekanntes Zitat von Paul McCartney. Was wäre, wenn die unzähligen Tierversuchslabore Wände aus Glas hätten? Wenn die Türen weit offen stünden und die Schreie der Opfer auf die Straßen dringen würden? Wenn auf jeder Medikamentenpackung das Bild einer leidenden Maus oder Ratte abgebildet wäre? Würden die Menschen dann endlich zu Tausenden auf die Straße gehen und ein Ende dieser unnötigen Qualen fordern?
Rund drei Millionen Tiere starben allein in Deutschland im Jahre 2013 für Tierversuche; vor allem Mäuse und Ratten. Wären die Tierversuchslabore der LMU und des Klinikum Rechts der Isar mit bayerischen Rauhaardackeln überfüllt, hätte in München schon längst eine Revolution stattgefunden.
© Foto: Ärzte gegen Tierversuche
In jeder Minute, die vergeht, wird irgendwo ein unschuldiges Leben gequält. Mit der Begründung, dass das menschliche Leben den höheren oder höchsten Stellenwert einnimmt und andere Lebensformen für seine Zwecke missbrauchen darf. Tierversuche sind Missbrauch, nichts anderes, und ethisch unvertretbar. Sie sind ein Missbrauch gegen das Leben und schwächere Wesen, die sich nicht gegen ihre Peiniger wehren können. Und dieser Missbrauch findet in einer Zeit statt, die so aufgeklärt ist, wie niemals zuvor. Es gibt bereits tierversuchsfreie Testverfahren und das Wissen, dass Versuche am Tier nicht auf den Menschen übertragbar sind.
Und wie sollten sie es bei genauerer Betrachtung auch sein? Der menschliche Organismus in seiner Gesamtheit ist ganz anders als der eines Tieres. So viele verschiedene Faktoren spielen eine Rolle, warum eine Krankheit entsteht und ebenso viele, damit ein Gesundungsprozess in Gang gesetzt wird. Genetische Voraussetzungen, Umwelteinflüsse, Ernährungsgewohnheiten, das seelische Befinden etc.
Doch die Pharmaindustrie macht weiter mit Heilsversprechen und grausamen Tests. Sie hält beharrlich an dem Irrglauben der Tierexperimente fest, eines der düstersten Kapitel in der Menschheitsgeschichte und eines der größten Unrechte. Aus diesem Irrglauben ist ein Mythos entstanden, mit dem sich Pharmakonzerne jedoch absichern und dem Konsumenten vorgaukeln, dass ein Arzneimittel sicher sei, weil es ja an Tieren getestet wurde. Schon längst ist dieser Mythos dank Organisationen wie Ärzte gegen Tierversuche entzaubert, die oft tödlichen Nebenwirkungen von Medikamenten bekannt. Wie können wir Menschen erwarten, dass uns etwas wirklich gesund macht und uns das Leben schenkt, wenn es mit dem Tod anderer Wesen verbunden ist? Das ist absurd.
Aber es wird weitergeforscht auf Kosten anderer Lebewesen, denn in die Tierversuchsforschung fließen viele staatliche Gelder und schließlich nickt der Gesetzgeber nach wie vor zu diesem Irrglauben. Es gab auch einmal den Mythos von bösen Hexen und dem Teufel, es gab Sklavenhaltung und Sklavenarbeit, die Annahme, dass es Menschen erster, zweiter und dritter Klasse gibt und dass jene, die auf der untersten Stufe stehen, nach Belieben ausgebeutet werden können.
© Bild: Ärzte gegen Tierversuche
In der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1948 heißt es gleich zu Beginn: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“
Dieser Passus liest sich traurigerweise auch heute noch wie eine schöne Zukunftsvision. Und leider gilt er nur dem Menschen und nicht auch jenen Mitbewohnern dieses Planeten, die schon lange vor uns da waren. Jene, welche für das Gleichgewicht in der Natur sorgen, das der Mensch immer mehr zerstört.
Warum begegnen wir den Tieren nicht genauso im Geist der Brüderlichkeit, sondern unterwerfen sie, wie die Sklaven von einst, beuten sie aus, quälen und töten sie? Mit welcher berechtigten Begründung? Es gibt sie nicht und es ist ein immenses Unrecht, welches den Tieren in diesem aufgeklärten Zeitalter mehr denn je angetan wird. Sie werden ihrer Würde beraubt und ihres naturgegebenen Rechts auf Leben. Ehrfurcht und Achtung vor allem Leben ist etwas, das vielen Wissenschaftlern fehlt. Und wären die Wissenschaftler und Forscher tatsächlich mit Gewissen und Vernunft begabt, würden sie auch nicht so viel grausame und absurde tierexperimentelle Grundlagenforschung betreiben, wie z. B. Skorpione in den Weltraum zu schicken, um den Einfluss der Schwerkraft auf Tiere zu erforschen oder jungen Ratten Alkohol in die Bauchhöhle zu spritzen, um nachzuweisen, dass Alkohol Kindern und jugendlichen Menschen schadet.
Nur weil ein Unrecht von der offiziellen Gesetzgebung zu einem gegebenen Zeitpunkt in der Geschichte noch nicht als Unrecht angesehen wird, bedeutet dies bei Weitem nicht, dass es sich nicht um ein solches handelt. Die Liste jener Menschen, die erst rückwirkend als Opfer menschlicher Grausamkeit und Irrtümer anerkannt wurden, ist unendlich lang. Wenn die Tiere eines Tages als Opfer eines anthropozentrischen Herrschaftssystems anerkannt werden, wird alles Papier nicht ausreichen, um ihre Namen und Zahlen aufzuschreiben.
Dieser Planet ist ein lebendiges Ganzes, ständig finden Interaktionen zwischen allen Bewohnern statt und wir Menschen tragen in erster Linie eines: Verantwortung. Als vernunftbegabte Wesen, die wir sein sollten, können und müssen wir Irrtümer erkennen und die Mythen, die aus ihnen entstanden sind, revidieren und die Opfer als solche anerkennen.
Der Weg in eine tierleidfreie Welt ist noch weit. Es ist ein schmaler Pfad, doch er wird immer breiter, weil ihn immer mehr Menschen beschreiten, die ein mitfühlendes Herz gegenüber allen Lebewesen besitzen.
© Daniela Böhm
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