Sehr geehrter Maestro [[Daniel Barenboim]]!
Seit vielen Jahren beschäftigt mich die Frage: Wie ist es möglich, dass große Künstler, insbesondere auch große Musiker, Fleischesser sein können? Da hat mich naturgemäß Ihre Aussage im “Zeit“-Interview (43, 2007) elektrisiert:
“Ich habe lange darüber nachgedacht, wie es sein kann, dass so grauenhafte Despoten wie Hitler oder auch Stalin große Musikliebhaber waren. Meine Erklärung: Für sie war die Musik eine Art Geheimgarten, ein eigenes Reich, das nichts zu tun hat mit dem wirklichen Leben. Und genau diese Trennung: da das Leben, da die Musik, regt mich bis heute auf! Das ist schrecklich. Musik und Leben gehören zusammen.“
Erlauben Sie mir daher bitte, meine Frage an Sie persönlich zu richten: Wie ist es Ihnen möglich, Fleisch zu essen, also laufend den Auftrag zu erteilen, dass unschuldige, wehrlose Wesen ohne jegliche Notwendigkeit für Sie getötet werden?
Bei niemand anderem ist diese Frage meines Erachtens so drängend und so berechtigt wie bei Ihnen: Erstens, weil Sie ausdrücklich die Einheit von Kunst und Leben betonen. Zweitens, weil Sie – mit Ihrem West-Eastern-Divan-Orchester – diese Einheit auch konkret und praktisch umzusetzen versuchen.
Mit freundlichen Grüßen
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Dr. Helmut F. Kaplan (03.11.2007; 11:05 Uhr)