Es gibt eine gesellschaftliche Entwicklung, die ich nur mehr mit Entsetzen verfolge: Essen ist zu so etwas wie einem, wenn nicht gar zu DEM Kultur-Kriterium geworden. So heißt es etwa in einem sechsseitigen (!) Spiegel-Bericht (“Das riecht ja wieder wunderbar“) (48, 2006):

“Der Soziologe Meinhard Miegel hat die gehobenen Restaurants auf dieselbe Stufe gehoben wie Theater und Kunst und die These aufgestellt, dass jemand, der Geld hat und nicht gut essen geht, sich asozial verhalte.“

Und Star-Koch Johann Lafer meint: “Sag mir, was du isst, und ich sage dir, wer du bist.“ Frage an Lafer: “Sie kämpfen seit Jahren gegen den kulinarischen Kulturverfall. Das hat Ihnen Erfolg gebracht, aber die Verhältnisse nicht verändert. Schmerzt Sie das?“ Antwort: “( … ) Ich kenne hier … eine Dame, die ist über achtzig, die stellt sich wirklich jeden Tag mittags hin, kocht für sich, deckt sich den Tisch – da kann ich nur sagen: Respekt! Das ist eine großartige Leistung, das ist Kultur, die man bewundern muss! Und was sagt diese Dame? Ganz einfach, sie sagt: «Ich brauche das.» Punkt. Sie hat ihre Prioritäten gesetzt und zieht ihre Konsequenzen. ( … )“

Was hier nur zwischen den Zeilen steht, spricht Wolfram Siebeck an anderer Stelle (“Vorsicht, Schlaraffenland!“, Die Zeit, 1, 2005) deutlich aus: Kern des drohenden Kulturverfalls sei der Vegetarismus, also der Verzicht aufs Morden fürs Essen:

“Wirklich erstaunlich ist, dass unsere Gastronomie ein nie da gewesenes Niveau erreicht hat. Es ist kaum zu glauben: ein Volk, das aus Angst vor Seuchen und Bakterien fast zu Vegetariern geworden … ist, dass diese kleinbürgerlichen Kostverächter hingehen und es rund zweihundert Restaurants ermöglichen, weltweit eine Spitzenstellung einzunehmen.“

Also: Vom Land der Dichter und Denker zum Land der Köche und Esser. Wir können wahrlich stolz sein!

Copyright: Helmut F. Kaplan
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Dr. Helmut F. Kaplan (14.01.2007; 06:39 Uhr)
kaplan@vegetarismus.org

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