1000 Kommentare später…..So begann am vergangenen Donnerstag die erste und bis heute einzige Stellungnahme der Mönche von St. Ottilien. Es ist der Erzabtei hoch anzurechnen und bemerkenswert, dass sie den Thread auf ihrer Facebookseite weiterhin zulässt. Mittlerweile gibt es dort fast fünfzehnhundert Kommentare, Meinungen, Stellungnahmen, Argumente und Gegenargumente zu lesen. Vor allem junge Tierschützer und Veganer lassen ihrer Wut über das Tierleid immer wieder freien Lauf und so kommt es zu erbitterten Wortgefechten.
Der Ausgangspunkt waren die schlechten Haltungsbedingungen im Mastrinder- und Kälberstall der Klosteranlage St. Ottilien. (Artikel vom 10.9.) Auf Facebook hatten sich die Aufnahmen aus dem Stall unter Tierschützern und Veganern in rasender Geschwindigkeit verbreitet und einen Sturm der Entrüstung auf die Facebook-Seite der Abtei ausgelöst. Das Veterinäramt wurde von einigen Tierschützern verständigt und war vergangene Woche vor Ort, einen offiziellen Bericht gibt es aus Datenschutzgründen jedoch nicht. Der Stall wurde abgesperrt und für die Öffentlichkeit unzugänglich gemacht. In der oben erwähnten Stellungnahme heißt es dazu, dass das Veterinäramt „insgesamt alles für in Ordnung“ befunden hätte, jedoch ein paar Tipps gegeben habe, unter anderem, den Stall für Besucher aus hygienischen“ Gründen zu sperren.
Etwas verwunderlich, da ja eben besagte hygienische Bedingungen für die Mastrinder und Kälber die Lawine ins Rollen gebracht haben. Bei einem Besuch am vergangenen Samstag war aber durch ein Fenster und auch an der Rückseite des Stalles zu erkennen, dass die vorher stark mit Exkrementen verschmutzten Böden um ein Vielfaches besser und sauberer aussahen. Dennoch wird von Seiten der Tierschützer immer noch darum gebeten, die Haltungsbedingungen für die Tiere in der Zukunft zu verbessern, vor allem durch einen größeren Stall, Freigang, Stroh zum Einliegen, regelmäßige Reinigung und Gummimatten. In der Stellungnahme wird seitens des Klosters außerdem die Verwunderung wegen so viel Aufruhr über ein „paar Mönche mit Milchvieh“, zum Ausdruck gebracht. Da drängt sich die Frage auf, ob ein Milchviehbetrieb mit fast zweihundert Kühen und einem Melkkarusell, eine Hühnerzucht (Bodenhaltung in einer großen abgesperrten und abgedunkelten Halle), Gänsezucht (im Freien), ein mittelgroßer Schweinestall und besagter Mastrinder- und Kälberstall, dieser Aussage entsprechen. Für den Eigenbedarf dürfte es wohl etwas zu viel sein, auch erhält der landwirtschaftliche Betrieb des Klosters beträchtliche Agrarsubventionen. Eine hauseigene Metzgerei, die sich direkt gegenüber der Schule befindet, gibt es auf diesem Gelände auch.
Die Grundsatzdiskussion enthält im Kern immer noch dieselbe Frage: Kann es richtig sein, dass sich der Mensch über die Tiere stellt, sie ausbeutet und tötet? Von der vegan lebenden Mehrheit kommt dazu auf diesem Thread ein klares, entschiedenes, gefühlvolles, auch erbittertes und manchmal wütendes Nein. Zu Vieles ist in der Menschheitsgeschichte passiert, das heute grausam erscheint und kaum mehr vorstellbar. Und hätte der Mensch beständig gemäß dem Leitsatz: „das war schon immer so“, gehandelt (auch ein beliebtes Argument, wenn es um das Fleischessen geht), würde die Menschheit heute noch in Höhlen leben.
Immer wieder wird die Facebookseite der Erzabtei als der richtige Platz für eine derartige Grundsatzdiskussion in Frage gestellt. Doch welcher Ort könnte besser geeignet sein, als derjenige, an dem die christlichen Tugenden der Nächstenliebe, des Mitgefühls und der Ehrfurcht vor der Schöpfung, so hoch im Kurs stehen? Und genau aus diesem Grund tobt der Sturm, sind die Gemüter derart erhitzt, auch auf der Gegenseite. Für die Tierschützer und Veganer passt da etwas nicht zusammen mit der Nutztierhaltung des Klosters, die das Töten und die Ausbeutung von Tieren gutheißt. Es ist kein Kampf oder eine Hetzjagd gegen die katholische Kirche, wie es einige Male von den Verfechtern St. Ottiliens formuliert wurde, sondern das Unverständnis gegenüber einer großen Institution, welche die Tiere in ihre christlichen Tugenden oder Gebote nicht mit einbezieht.
Und wieso sollte die Ehrfurcht vor der Schöpfung bei den Tieren aufhören? Ehrfurcht ist schon fast etwas Heiliges, hat mit Respekt und Achtung zu tun. Das, was man achtet, liebt und respektiert, sollte man nicht töten.
Copyright ©2012 Daniela Böhm