Helmut F. Kaplan

Seit Jahrzehnten wird uns von seiten der Tierversuchslobby versichert, im Zusammenhang mit Tierversuchen werde mit großer Zurückhaltung und mit hohem Verantwortungsbewusstsein agiert. Realisten bezweifelten den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen schon immer. Dennoch überrascht es zu erfahren, WIE WEIT diese Beteuerungen von der Realität entfernt sind:

Im Tierethikblog der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Tierethik tierethikblog.de/ (Beitrag: “Sind Tierversuche nötig? Meinungen eines Praktikers“) fragte ich den Tierexperimentator Patrick Harenberg, warum er Tierversuche für ethisch rechtfertigbar halte. Im folgenden einige seiner Aussagen, die er im Rahmen der Diskussion, die sich an meine Frage anschloss, machte. Sie enthüllen ein Informations- und Reflexionsniveau, das einen erschaudern lässt:

“Der Mensch ist nun mal … die dominante und evolutionär höchstentwickelte Spezies auf diesem Planeten. Und daher halte ich es für gerechtfertigt auch niederere Spezies für unsere Zwecke zu nutzen.“

“Ich halte es doch für etwas an den Haaren herbei gezogen die »Nutzung« eines Menschen mit der einer Ratte/Maus zu vergleichen. Kann eine Ratte eine Stadt bauen? Einen van Gogh malen? Lieben? Hassen? Oder wie wir hier eine Diskussion führen? Nein.“

“Ich wollte damit nur verdeutlichen, dass man eben ein Tier einfach nicht mit einem Menschen gleichsetzen kann. Es hat nun mal einfach nicht das gleiche Potential.“

“Ich bestreite nicht, dass Tiere leiden können. Jedoch dass sie auf dem selben Level wie ein Mensch leiden können.“

Gerade die letzte Aussage ist ebenso entlarvend wie erschütternd – bestreitet doch kein vernünftiger Wissenschaftler heute mehr die prinzipiell GLEICHE Leidensfähigkeit von Menschen und Tieren, die sich schon allein mit allergrößter Wahrscheinlichkeit aus der Geschichte des Lebens ergibt (Stichwort evolutionäre Kontinuität). Nicht weniger unumstritten ist, dass Tiere aufgrund psychologischer Unterschiede zum Menschen (z.B. geringeres Ich-Bewusstsein und größere Gegenwartsbezogenheit) unter vergleichbaren Bedingungen sogar MEHR leiden können als Menschen.

Bei Tierversuchen werden also Menschen auf Tiere losgelassen, denen in bezug auf die ethisch relevante biologische Frage der Leidensfähigkeit von Tieren jegliches Basiswissen fehlt. Ganz zu schweigen von moralischen Erwägungen, die über Alltagsplatitüten und Stammtischweisheiten hinausgehen.

Wenn wir Tierversuche schon nicht verhindern können, so müssen wir wenigstens immer wieder über die Umstände, unter denen sie stattfinden, und über die Menschen, von denen sie durchgeführt werden, berichten. Denn je größer das Wissen über diese Verbrechen wird, desto größer wird auch der Widerstand gegen sie werden.

HINWEIS: Im August erscheint der von der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Tierethik herausgegebene Sammelband “Tierrechte – Eine interdisziplinäre Herausforderung“. (Siehe dazu die Ankündigung bei obigem Link!) In meinem Beitrag thematisiere ich unter anderem den moralischen Stellenwert der Befreiung von Versuchstieren.

Copyright: Helmut F. Kaplan

2 neue Bücher bei Amazon (“Der Verrat des Menschen an den Tieren“; “Freude, schöner Götterfunken“).

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Dr. Helmut F. Kaplan (23.07.2007; 08:18 Uhr)

kaplan@vegetarismus.org

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