Im Jahre 1633 wurde der italienische Gelehrte Galileo Galilei von der Inquisition zu lebenslänglichem Hausarrest verurteilt und entging seinem Tod nur dadurch, indem er vor einem Kirchengericht seine Überzeugung vom kopernikanischen Weltbild widerrief. Erst 1992 wurde Galilei von Papst Johannes Paul II vollständig rehabilitiert. Wie viele Jahre werden wohl noch vergehen, bevor sich die Kirche von ihrem selbstproklamierten Weltbild verabschiedet, in dem Tiere dem Menschen untertan sind und er sie als Krone der Schöpfung guten Gewissens töten darf? Untermauert durch die Doktrin des Kirchenlehrers Thomas von Aquin, der den Tieren vor rund siebenhundert Jahren die unsterbliche Seele absprach, ist ihnen der Zutritt zum Himmel verwehrt, das Leid durch den Menschen dafür gewiss.

Alle Jahre wieder: Gänse, Hühner, Truthähne, Karpfen und andere Lebewesen, die aus Tradition für eines der größten „christlichen“ Feste auf den Tellern jener Menschen landen, die an ihrem anthropozentrischen Weltbild festhalten und auch die Verantwortung für diesen Planeten auf andere abschieben oder ignorieren. Das sogenannte Fest der Liebe, doch für wen? Für diejenigen, die nicht für ihre Rechte kämpfen können, ist es ein Fest des Todes und der Lieblosigkeit. Zerschnitten, zerstückelt und zerteilt, werden sie von denen verzehrt, deren Liebe selektiv ist und die den Radius ihrer Tierliebe begrenzen, indem sie sogenannte Nutztiere und andere ausgrenzen.

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Die katholische Obrigkeit bekennt sich nach wie vor nicht ausdrücklich zu den Tieren und ihrem naturgegebenen Recht auf Leben, anders als beispielsweise die buddhistische Religion. Allerdings gibt es innerhalb der katholischen Glaubensgemeinschaft immer mehr Menschen, die sich gegen Fleischkonsum aussprechen und wären es eines Tages so viele, dass nur noch ein geringer Prozentsatz an fleischessenden Christen übrigbliebe, würde diese veraltete katholische Weltansicht vielleicht doch ins Wanken geraten und von den Verantwortlichen neu definiert werden. Andererseits würde ein Plädoyer des Papstes für die Tiere eine Art Erdrutsch auslösen und bei über einer Milliarde Gläubigen Gewaltiges bewegen. Der Tag, an dem die Kirche ihr Herz und ihre Portale für das wahre Mitgefühl öffnet, für eine echte Empathie, die allen Lebewesen gilt, wird der Tag des wahren Festes der Liebe und des Lichts sein.

Zu warten und die Verantwortung für sein eigenes Handeln an welche Obrigkeit auch immer abzugeben, ist die falsche Entscheidung. Wegsehen und Schweigen angesichts himmelschreiender Ungerechtigkeiten vergrößern ihre Ausmaße: Ein kurzer Blick auf die deutsche Geschichte reicht. Aber wo ist der weltweite Aufschrei, wo bleiben die Empörung und der Widerstand, angesichts von Abermilliarden getöteter Tieren für Fleischkonsum, Forschungszwecke, Leder und Pelz?
Es ist freilich bequem, vermeintlich Regierenden die Sorgfaltspflicht zu übertragen: den Politikern, die mit mächtigen Wirtschaftslobbys ihre eigenen Süppchen kochen und sich ihrerseits auf den Konsumenten berufen. Alle Macht liegt beim Verbraucher, doch genau der wird von der Werbung und den Wirtschaftskonzernen manipuliert, das Gehirn windelweich gespült, beruhigt und ferngesteuert.

Ein beträchtlicher Teil der Menschheit ist sicherlich nicht oder noch nicht in der Lage Verantwortung zu übernehmen: Kinder, Menschen aus ärmeren Bevölkerungsschichten, die nicht lesen können oder keinen Zugriff auf moderne Medien haben. Doch selbst dann bliebe eine große kritische Masse übrig, die enorme Veränderungen bewirken könnte. In vielen Bereichen mag der Bürger machtlos erscheinen, ohnmächtig gegenüber kapitalistischen Gesetzen, die heutzutage die Welt regieren.
Aber die Entscheidung, Tiere zu essen, ihre Haut oder ihren Pelz zu tragen, liegt bei jedem Einzelnen.
Es ist eine Entscheidung für oder gegen das Leben.
Und es ist eine Entscheidung für oder gegen die Liebe. Ein wahres Fest der Liebe kann es erst sein, wenn es allen Lebewesen dieses Planeten gewidmet ist.

2 Kommentare

  1. Ein sehr guter Beitrag, auf den Punkt gebracht und für jeden verständlich und nachvollziehbar. Ich hoffe es lesen ganz, ganz viele Leute und denken über ihre Lebensweise nach und ziehen vor allem Schlüsse für ihr künftiges Verhalten daraus.
    Danke für Deinen unermüdlichen Einsatz, liebe Daniela, den Menschen die Augen zu öffnen und sie für ein liebevolleres und friedlicheres Leben, mit allen unseren Mitgeschöpfen, zu sensibilisieren.

  2. Ein so wunderschöner, so wahrer, so bewegender Text von Daniela Böhm, dass es mir wieder schwer fällt, in Worte zu fassen, was ich fühle! Der Zusammenhang ist genial eingefangen: Galilei konnte sich dem engstirnigen diktatorischen Unrecht entziehen – die Tiere können es nicht.
    Und ja, niemand darf seine Verantwortung an eine staatliche oder kirchliche „Obrigkeit“ abgeben, der vorrangig daran liegt, den Profitmachern zu Willen zu sein und uns zu manipulieren. Wir müssen sie an ihre Pflicht erinnern und gleichzeitig unserer eigenen Verantwortung gerecht werden und den dafür vorhandenen Rahmen voll ausschöpfen.
    „Liebe ist Verantwortung eines Ich für ein Du“, sagt Martin Buber. Daniela Böhm weist auf die buddhistische Religion hin, die uns hier ein leuchtendes Vorbild sein kann. Ihr Text ist lebendige AHIMSA – „heilende Hinwendung“ in der Übersetzung des großen deutschen Buddhismus-Forschers Helmuth v. Glasenapp.

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